Ein hoch entwickeltes soziales Lebewesen
Ein so hoch entwickeltes soziales Lebewesen wie es der Hund ist, verfügt über eine besondere Fähigkeit: Er kann sich den Lebensgewohnheiten des Menschen anpassen und mit ihm echte soziale Beziehungen aufbauen. Wir Menschen jedoch fordern von unseren Hunden oft Verhaltensweisen, die den psychischen und sozialen Bedürfnissen des Hundes nicht gerecht werden. In den meisten Fällen widersprechen sie den sozialen Umgangsformen des Hundes sogar.
Wer seinen Hund nur über „ja“ oder „nein“, über Zuckerbrot und Peitsche dressiert, stellt die Lernfähigkeit des Hundes auf das Niveau eines Regenwurmes. Regenwürmer konnten in Laborversuchen mit Hilfe von elektrischen Strafreizen so dressiert werden, dass sie Ausweichmöglichkeiten suchten und lernten, in eine dunkle Kammer zu kriechen.
Ein Hund als ein hochentwickeltes soziales Lebewesen, sollte nicht wie ein Regenwurm dressiert werden, auch wenn er im Umgang mit dem Menschen Verhaltensweisen erlernen muss, die nicht in seinem genetischen Programm fixiert sind, wie z. B.
langsam zu laufen, wenn er schnell laufen möchte
alleine zu Hause zu bleiben, wenn er doch gerne mit möchte
liegen zu bleiben, wenn ein anderer Hund in Sichtweite zu sehen ist und vieles mehr.
Auf der anderen Seite darf der Hund genetisch fixierte Verhaltensweisen, wie z.B. jagen, hetzen, Beute töten, im Allgemeinen nicht ausüben. Damit der Hund Verhaltensweisen erlernt, für die er keine bzw. zu viel Motivation hat, sind wir Menschen gefordert. Wir Menschen müssen sehr genau die Verhaltensweisen eines Hundes beobachten und interpretieren, um ihn dann einfühlsam zu fördern und in die von uns Menschen gewünschten Bahnen zu lenken.
Gudrun Feltmann
Dingos und Wölfe
Beobachtungen an Dingos und Wölfen
In den Verhaltensstudien ergab sich die Gelegenheit im Institut Feltmann-v. Schroeder Dingo- und Wolfswelpen bis zur achtzehnten Lebenswoche groß zu ziehen. Alle Tiere wurden von der Mutter solange betreut bis die Welpen ihre Nahrung selbst aufnehmen konnten. Erst dann wurden sie zur Beobachtung übernommen.
Die Ergebnisse dieser Verhaltensstudien:
Dingos sind ursprüngliche Hunde und keine Wildhunde. Sie reagieren auf den Menschen mit Vorsicht, gewinnen Vertrauen und sind in der Lage, sich den häuslichen Gepflogenheiten des Menschen anzupassen.
Wolfswelpen sind auch heute noch in der Lage jede Hunderasse als Artgenossen zu akzeptieren. Es spielt keine Rolle, ob es sich um eine Französische Bulldogge oder einen Pyrenäen Berghund handelt.
Dem Menschen gegenüber sind Wölfe sehr scheu und trotzdem, wenn der Mensch die hundliche Körpersprache verwendet, ist es bei einigen Tieren möglich, eine echte soziale Bindung aufzubauen.
Forschungsergebnisse
Hund – Hund
Hunde sind untereinander intensiver verbunden als Hund und Mensch. Die Verständigung unter Artgenossen ist grundsätzlich einfacher als die Verständigung zwischen verschiedenen Arten. (In unserem Fall zwischen Hund und Mensch). Das erste soziale Lernen unter Hunden geschieht bereits im frühesten Welpenalter (2 1/2 bis zu 8 Wochen). Die Feinabstimmung der sozialen Integration mit dem Artgenossen erfolgt im Allgemeinen bis etwa zum 5. Lebensmonat. Sie kann nur dann gelernt werden, wenn erwachsene Hunde für die Welpen zur Verfügung stehen und die Grenzen setzen, die für den Umgang in einer Gemeinschaft unerlässlich sind. Welpen ohne Führung von erwachsenen Hunden haben keine Möglichkeit, sich im sozialen Bereich auf den „Anderen“ abzustimmen. Diese Tiere bleiben „verkindlicht“ und entarten im sozialen Verhalten.
Mit dem Eintritt in die Geschlechtsreife, die auf Grund der Domestikation des Wolfes bei unseren Haushunden altersmäßig sehr unterschiedlich auftreten kann, werden die sozialen Gesetze noch einmal wiederholt und gefestigt, so dass sich soziale Sicherheit entwickelt, verbunden mit einem hohen Maß an Souveränität dem Anderen gegenüber. Die soziale Ordnung ist nach der Geschlechtsreife erlernt und geregelt. Die Ordnung wird nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt, so dass die Hunde untereinander friedlich und im Wesentlichen ohne gereizte Anspannung miteinander leben können.
Hund – Mensch
Wie unter Hunden muss für das Zusammenleben dieser beiden unterschiedlichen Arten, Hund und Mensch, ebenfalls eine eindeutige, soziale Feinabstimmung gelernt werden. Diese kann sich erst dann entwickeln, wenn der Welpe aus seinem hundlichen Familienverband herausgenommen wird und sich als Einzeltier mit dem Menschen arrangieren muss. Solange der Welpe mit Seinesgleichen zusammen leben kann, wird der Mensch für ihn nur ein nettes, angenehmes „Nebenbei“ sein. Der Welpe muss im Zusammenleben mit dem Menschen wie unter seinen Artgenossen die sozialen Regeln in dieser für ihn ungewöhnlichen Gemeinschaft erlernen. Er wird sozusagen ein zweites Mal sozialisiert. Auch dieser Lernprozess muss im Alter von ca. vier bis fünf Monaten erfolgt sein. Ist dieser Zeitpunkt verpasst, wird sich ein Hund nur noch bedingt – aus sozialer Not heraus – an einen Menschen binden und sich anderen Menschen gegenüber ängstlich und scheu verhalten.
Damit ist leider noch immer die weit verbreitete Meinung: „Ein Hund darf erst frühestens im Alter von 5 Monaten, besser erst im Alter von 8 Monaten oder einem Jahr, im Zusammenleben mit dem Menschen etwas lernen!“ ad absurdum geführt.
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für das Zusammenleben von Mensch und Hund
Ein Hund darf nicht als menschliches Konstrukt in die Gemeinschaft des Menschen „hinein-dressiert“ werden. Der Mensch wird für den Hund erst dann ein echter sozialer Partner, wenn es ihm gelingt, den Hund in die menschliche Gemeinschaft hineinwachsen zu lassen, so dass er sich wie in einer echten Familiengemeinschaft fühlen kann. Dazu ist es von hoher Bedeutung, dass sich der Mensch mit jedem Hund in seiner Gemeinschaft einzeln beschäftigt. Soll der Hund sich mit dem Menschen wie in einer „Hundefamilie“ fühlen, fallen alle negativen Körpereinwirkungen weg, da in einer harmonischen, gesunden Hundefamilie nicht gekämpft wird. Es genügen für den Hund verständliche Drohgesten, die ihn soziale Feinabstsimmung mit dem Menschen lehren.
Technische Hilfsmittel, im positiven wie im negativen Sinne, sind unnötig und daher abzulehnen. Wird ein Hund zu Verhaltensweisen gezwungen z.B. mit menschlicher Körperkraft über das Rucken am Hals, damit er leinenführig wird, oder über das „Auf-den-Rücken-Werfen“, damit er lernt sich zu „unterwerfen“ oder über hinterlistiges „Schmerzzufügen“ mit einem oder mehreren Stromschlägen, damit der Hund nicht mehr jagt und vieles mehr, kann der Mensch vom Hund nicht mehr als kooperativer Partner akzeptiert werden.
Der Hund wird zum Gefangenen, bzw. zum Sklaven des Menschen degradiert. Er kann sich nicht wehren. Wehrt er sich doch, dann ist er gefährlich und wird über den Tod „entsorgt“.
Gudrun Feltmann
Grundlagen
„Signale erkennen, richtig interpretieren und für den Hund verständlich darauf antworten“
So einfach lautet der Schlüssel, mit dem sich der Hund harmonisch in den menschlichen Familienverband integrieren lässt. „Hunde lernen durch Zuwendung und soziale Anerkennung“, so Gudrun Feltmann. „Sofern wir auf ihre Signale achten, diese richtig interpretieren und so darauf antworten, dass uns die Hunde verstehen, werden sie sich bereitwillig in den Dienst des Menschen stellen“.
Die Sprache des Hundes, die scheinbar im Gegensatz zur menschlichen Ausdrucksweise steht, zu analysieren, zu klären und im Umgang mit dem Hund richtig anzuwenden, ist das Hauptanliegen der Tierbeobachterin Gudrun Feltmann:
- Hunde sprechen über die Körpersprache und setzen Lautäußerungen zur Verstärkung ihrer Körpersprache ein.
- Menschen verständigen sich über Lautäußerungen und verstärken das Gesprochene über die Körpersprache.
Dieses Wissen schärft unseren Blick und bildet die Grundlage in der Kommunikation zwischen Mensch und Hund.
Welpen
Das erste soziale Lernen unter Hunden geschieht bereits im frühesten Welpenalter (etwa ab der 3. bis zur 9. Lebenswoche).
Die Feinabstimmung der sozialen Integration mit dem Artgenossen erfolgt im Allgemeinen bis etwa zum 5. Lebensmonat. Sie kann nur dann gelernt werden, wenn erwachsene Hunde für die Welpen zur Verfügung stehen. Welpen ohne Führung von erwachsenen Hunden haben keine Möglichkeit ihre emotionalen Erregungszustände zu kontrollieren und sozialen Gegebenheiten anzupassen.
Sie bleiben „verkindlicht“ und entarten im sozialen Bereich.
Handelt es sich im Welpenalter um gut sozialisierte Hunde, dann können mit dem Eintritt in die Geschlechtsreife noch einmal soziale Unsicherheiten auftreten, die dann von sicheren Hunden im sozialen Bereich korrigiert und endgültig gefestigt werden.
Auf diese Weise entwickelt sich der heranwachsende Hund zu einer sozial souveränen Persönlichkeit. Damit können Unstimmigkeiten in einer Hundegemeinschaft kampflos geregelt werden.